06.12.2016

Schweiz

Fahrende und Raumplanung

Zum dritten Mal wurden ERR Raumplaner durch die Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende damit beauftragt, aktualisierte Informationen zu den Stand- und Durchgangsplätzen für die Fahrenden in der Schweiz erheben und zu analysieren sowie die entsprechenden Schlussfolgerungen in einem Standbericht darzulegen. Das Fazit zur Entwicklung seit der Jahrtausendwende wie auch seit dem Standbericht 2010 fällt gesamthaft, trotz Bemühungen und Fortschritten auf konzeptioneller und planerischer Ebene, ernüchternd aus. Vor dem Hintergrund einer steigenden Anzahl junger Fahrender haben sich die Lebensumstände sogar verschärft und es besteht dringender Handlungsbedarf.

Anhand von Umfragen bei den Kantonen und den betroffenen Gemeinden wurden Anzahl, Qualität, rechtliche Rahmenbedingungen etc. von Stand- und Durchgangsplätzen erhoben und ausgewertet, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen und den aktuellen, nach wie vor dringenden Handlungsbedarf aufzuzeigen. Die Anzahl Standplätze hat in den letzten 15 Jahren lediglich um 4 zugenommen (von 11 auf 15), wobei seit dem Standbericht 2010 ein einziger neuer Standplatz erstellt worden ist. Die Entwicklung bei der Anzahl Durchgangsplätze ist noch alarmierender und weist seit 2010 weiterhin einen negativen Trend auf. Die Anzahl Durchgangsplätze hat sich in den letzten 15 Jahren um rund einen Drittel (von 46 auf 31) verringert. Unter Berücksichtigung, dass fast die Hälfte aller 2015 erhobenen Durchgangsplätze für die Fahrenden eine eingeschränkte Benutzbarkeit aufweist (aufgrund periodisch anderer Nutzungen wie z.B. Feste, Märkte, Zirkusse oder Parkplatz bzw. einer ungenügenden Infrastruktur wie Strom- und Wasseranschluss) sowie einer steigenden Anzahl junger Fahrender ist die Platznot mehr als offensichtlich.

Mit Blick auf die Zielsetzung des vor 15 Jahren erstellten Gutachtens „Fahrende und Raumplanung“ (ERR, 2001) sind heute immer noch zusätzlich rund 25 Standplätze und 50 Durchgangsplätze für Schweizer Fahrende notwendig. Im Weiteren sollten separate, grosse Transitplätze für ausländische Fahrende geschaffen werden.

Während sich die planerischen Rahmenbedingen, insbesondere auf Stufe kantonaler Richtplan, in den letzten Jahren verbessert haben, scheitert auf der Umsetzungsebene der Wille zur Erstellung neuer Stand- und Durchgangsplätze aber meist an der fehlenden Akzeptanz bei der Bevölkerung der entsprechenden Standortgemeinde.

Ein aktueller Handlungsbedarf ist mehr als ausgewiesen und die Zeit drängt. Zentrale Massnahmen stellen die Berücksichtigung in der Raumplanung (kommunale Nutzungsplanung, auf Basis der kant. Richtplanung), die Aufwertung und Neuerstellung von Stand- und Durchgangsplätzen, die Berücksichtigung des „Spontanen Halts“ sowie die Schaffung von Transitplätzen für ausländische Fahrende (Federführung Bund) dar. Als Wichtigstes Handlungsfeld gilt mehr denn je die Bewusstseinsbildung bzw. Sensibilisierung der Bevölkerung und damit eine regelmässige, gezielte Öffentlichkeitsarbeit. Unterschiedlichste Kommunikationsmittel und Plattformen wie Fernsehen, Internet, Infoveranstaltungen, Märkte, Theater, Schulbesuche etc. sollten eingesetzt werden, um die gegenseitige Akzeptanz anstelle von Misstrauen und Vorurteilen zu fördern. So wird die Chance erhöht, dass die im Gutachten 2001 geforderten 40 Stand- und 80 Durchgangsplätze Realität werden.